Geb. 1954 in Strallegg, Steiermark, lebt in Wien und Obermarkersdorf,
Niederösterreich
1973−1978 studierte er Malerei an der Akademie
der bildenden Künste in Wien bei Walter Eckert.
Seit 1979 hatte er zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen
im In- und Ausland.
Mosbacher erhielt wichtige österreichische Kunstpreise, zuletzt 2012
den Würdigungspreis für Bildende Kunst des Landes Niederösterreich.
Alois Mosbacher ist Maler. Er zählt zu den wichtigsten österreichischen
Vertretern der Gruppe der sog. Neuen Wilden, die in den 1980er Jahren einen
neuen, von Impulsivität und Subjektivität getragenen Malereibegriff prägten.
Mosbacher hat den großen Saal des LENTOS mit aktuellen malerischen
Arbeiten in eine Bühne, einen künstlichen Wald verwandelt, in dem sich etwas
abspielen kann. „Es ist bei mir eine andere Art Malerei, es geht nicht um das
eine Bild, sondern um den Zusammenhang aller Bilder“, so der Künstler. Jede/r
kann sich eine andere Geschichte, ein anderes Spiel ausdenken und sich einen
eigenen Weg durch die Ausstellung bahnen. Mosbachers Anspruch ist der
der Universalität, der Abbildung der Welt. Dabei ist ihm bewusst, dass durch
Malerei etwas erzählen zu wollen, ein zu großer Anspruch ist. Daher spielt er mit
erzählerischen Strukturen, er deutet an und öffnet Räume für Gedanken.
Das Saalheft der Kunstvermittlung entstand auf der Grundlage eines Interviews
mit dem Künstler, erläutert die wichtigsten Themen in der Ausstellung und
soll Sie bei Ihrer eigenen Annäherung an die Werke unterstützen. Für die
Betrachtung seiner Bilder gibt es keine Regeln. Laut Mosbacher dient ein Bild
als Katalysator. Es wird verstärkt, was in den BetrachterInnen schon angelegt
ist.
Eine augenfällige Besonderheit ist die Brücke inmitten des Raums, die
verschiedene Funktionen und Hintergründe hat. Ein Hintergrund war die
Herausforderung, die so ein riesiger Saal an AusstellungsmacherInnen stellt:
„Da überlegt man sich als Maler, wie man die Bilder hängt und braucht eine
Ausstellungsarchitektur. Man kommt nicht weit, wenn man denkt, man kann
die Bilder nur an die Wand hängen. Ich wollte vermeiden, dass man diesen
schönen Raum mit Stellwänden verkleinert.“ Hinzu kommen verschiedene
Hilfskonstruktionen, um manche Bilder frei stehend zu halten. Nur ganz kleine
Bilder hängen direkt an der Wand. Alle anderen Bilder streben in den Raum.
Die Funktion der Brücke ist es, den BetrachterInnen viele verschiedene Standorte
und Sichtweisen zu ermöglichen. Die Brücke ist nicht nur Ausstellungsarchitektur,
sondern zugleich eine begehbare Skulptur, auf die man – wie auf einen
Aussichtspunkt in der Natur – hinauf steigen kann. Die Bilder können aus einer
anderen Position erhöht angesehen werden. An einer Seite der Brücke ist ein Bild
installiert, wodurch man laut Mosbacher „richtig in das Bild hineinsteigen kann“.
Auch die Tradition des Malens im Freien im Impressionismus kam Kunstkenner
Mosbacher in den Sinn: „Ich fühle mich als Cyber-Impressionist, als Maler, der
durch die Geschichte utopisch schweben, seine Staffelei auspacken und sich ein
Malerplätzchen suchen kann. Und dann die schöne Szene malen. Wie Claude
Monet die „‚Brücke über dem Seerosenteich’.“
Der Wald ist bei Mosbacher eine Bühne, auf der sich etwas abspielen kann.
Zum Thema Wald sind viele Geschichten und Märchen bekannt. Der Wald
kann Zufluchtsort sein oder Schutzraum. Oder aber auch ein Unort, ein
vermeintlicher Tatort oder eine unheimliche Landschaft. Mosbachers ganze
Arbeit beruht auf dem Thema Wald, er malt realistische Baumporträts, die in der
Aneinanderreihung einen Wald ergeben, der von Objekten aller Art, Menschen
oder Tieren bevölkert wird. Dem Künstler ist wichtig, dass seine Bilder nicht als
romantische Landschaftsmalereien verstanden werden. Um zu verhindern, dass
der Wald mit einem romantischen Impetus angesehen wird, hängt zwischen den
großen Baumporträts mit dem schlichten Titel „Baumbilder“, 2012−2014 die
Serie „Déjà vu“.
Die Serie „Déjà vu“ besteht aus vielen kleinen, aktuellen Bildern aus diesem und
letztem Jahr. „Déjà vu“ heißt übersetzt „schon gesehen“. Bei den verschiedenen
Motiven kommt die Sammelleidenschaft Mosbachers deutlich zum Vorschein:
Er sammelt unentwegt Bilder, zum Beispiel von Nachrichtenagenturen, aus
Zeitschriften und aus dem Internet. Diese sind Vorlagen für seine Bilder. Im Fall
der „Déjà vu“-Serie sind es Motive des aktuellen Zeitgeschehens. Einige Personen
sind zu erkennen, wie z. B. Berlusconi, Putin oder Merkel und Obama. Man sieht
terroristische Akte, die Konflikte in Syrien und Ägypten klingen an. Zwischen
all diesen vermeintlichen Nachrichtenthemen finden sich aber auch liebliche
Genreszenen. Ein Versuch, mit Bildern die Welt zu erklären. Bei der Recherche
entsteht ein Plot, eine eigene Welt für sich und mögliche Geschichten für die
BetrachterInnen. Hier kommt es Mosbacher besonders auf die impressionistische
Malweise an: „Ich habe es impressionistisch gemalt wie ein Hinterwäldler, der
nicht weiß, was in der Welt los ist. Dadurch wird das Ganze relativiert“. Wesentlich
ist auch die Hängung, durch die man die 60 Bilder ablaufen kann, als wären es
Kader eines Films: „Malerei, die aus einem filmischen Denken heraus entsteht“,
so der Künstler.
Mosbacher mietete sich in den 1990er Jahren seinen Rückzugsort: ein Haus
im Weinviertel. Bilder wie „Möblierte Wildnis“ greifen zurück auf ein Bild, das
der Künstler von Mai bis Oktober dort im Wald malte. Ein alter Mann hatte
sich illegal eine Hütte aus Abfallmaterial gebaut. Dann entdeckte der Maler
im Wald Reste von Hütten, die Kinder sich als Unterschlupf gebaut hatten. Ihn
faszinierten diese einfachen Architekturen.
Darüber hinaus beschäftigte sich Mosbacher damals intensiv mit zwei
amerikanischen Aussteigern: Einerseits mit dem Schriftsteller Henry David
Thoreau. Dieser zog sich 1845 in eine selbsterbaute Blockhütte am Walden-
See bei Concord in Massachusetts zurück. Dort lebte er zwei Jahre lang und
beschrieb sein einfaches Leben am See in seinem Buch „Walden oder Leben in
den Wäldern“. Die Naturschutzbewegung und die 1968er-Generation bezogen
sich auf seine Utopien.
Andererseits mit dem Mathematiker Theodore Kaczinski. Dieser wurde in den
1970/80er Jahren als Una-Bomber (University and airline bomber) bekannt,
nachdem er zahlreiche Briefbomben verschickt hatte. 1970 zog er sich in eine
selbstgebaute Holzhütte in die Berge Montanas zurück, um sich destruktiven
Utopien hinzugeben.
Wie kommt der Ball in den Ast? „Wenn man so anfängt zu spielen, erinnert man
sich vielleicht daran, dass man als Kind Ball gespielt hat und dieser im Baum
hängen geblieben ist“, sagt der Künstler zu dieser Arbeit. Sie steht in direktem
Bezug zu seiner „Alb“-Serie“ und ist ein Rückgriff auf ein Bild mit zwei Bällen,
das der Künstler in seiner Neuen-Wilden-Zeit gemalt hat. Ihn interessiert der
Überraschungsmoment, in dem nichts so funktioniert, wie es funktionieren
sollte. Der Gedanke, dass der Ball deshalb nicht herunterfällt, weil vielleicht die
Schwerkraft abhandengekommen und die Welt aus den Fugen geraten ist, ist
für den Künstler ein Albtraum. Genauso ein Schrecken, wie das Wissen, dass
zwischen dem ersten Bild und der aktuellen Arbeit dreißig Jahre vergangen
sind und er daran merkt, wie alt er geworden ist.
Tiere dienen Mosbacher oft als Vorwand für seine Malereien, und so finden
wir hier in neun Bildern in seiner nach Albträumen benannten „Alb“-Serie
auch einen Hund, einen Bienenschwarm, Vögel oder tote Rehe. Der lieb
dreinschauende Hund kam in die Ausstellung, „weil er mit seinem Stöckchen
im Maul im Wald gut mitspielen kann“, so Mosbacher.
Seine Motive findet Mosbacher in der Natur: „Wenn ich in den Wald gehe
interessiert mich Überraschendes, wenn ein Suspense (eine Spannung) da
ist, z. B. wenn Äste auf eine bestimmte Art liegen. Man fragt sich: Wie ist das
möglich, wer hat das gemacht?“
Wer traut sich in den Wald? Auch wenn der Titel „Alb“ an Gruseliges denken
lässt und Tod und Gefahr im Wald lauern, rät der Künstler zu entspannter
Bildbetrachtung: „An die Bilder sollte man sich nicht zu ernst annähern, denn
es gibt immer wieder mögliche Geschichten. Und es ist auch immer Humor
dabei“.
Im Annexraum sind überwiegend Arbeiten auf Papier, darunter Werke mit Bleistift,
Kohle und Aquarell, zu sehen. Viele Kohlezeichnungen sind aus den 1980er Jahren
und stammen aus Mosbachers Zeit als „Neuer Wilder“. Anders als bei den Arbeiten
im großen Saal tritt die menschliche Figur, insbesondere der Kopf stärker in den
Vordergrund. Immer entstammen die Motive der Natur. Auf der großformatigen,
vielteiligen Bleistiftzeichnung „LARP“, 2003, spielt eine Menschengruppe im
Wald ein Spiel. Die meisten Beteiligten tragen einen Stock in der Hand. Nur einer
bearbeitet mit einer Motorsäge einen Baum. Die MitspielerInnen sind überwiegend
im Laufen dargestellt, unser Blick wird kreuz und quer durch die Szenerie geschickt.
Inspiriert ist die Spielszene durch das Live Action Role Playing, kurz LARP, das
Mosbacher im Internet genau recherchiert hat. Dort organisieren spezielle
Communities ihre Rollenspiele, z. B. aus dem Genre Fantasy. Sie spielen sich in
einer mehr oder weniger mittelalterlich geprägten Welt ab, oft wird dabei gekämpft.
Die TeilnehmerInnen treffen sich an vereinbarten Spielorten und jede/r schlüpft in
eine bestimmte Rolle. Normalerweise gibt es beim Live Action Role Playing keine
ZuschauerInnen: Die BetrachterInnen im Museum werden zu MitspielerInnen in
einem Spiel mit offenem Ausgang.